Das Przewalski-Pferd ist als einziges ursprüngliches Wildpferd erhalten geblieben. Während die Mustangs in den USA, die Brumbies in Australien oder die Namib-Pferde in Afrika von domestizierten Pferden abstammen, die mehr oder weniger freiwillig zurück in die Freiheit gelangen konnten, handelt es sich beim Przewalski-Pferd nach wie vor um ein originales Wildpferd.
Unsere Hauspferde stammen vom Tarpan und vom Przewalksi-Pferd ab
In der aktuellen Forschung geht man davon aus, dass unsere Hauspferde vom Tarpan und dem Przewalski-Pferd abstammen. Der Tarpan hatte seinen Lebensraum in Mittel- und Osteuropa, wo er sich in Wäldern und Steppen aufhielt. Bis heute allerdings ist es einzig der Rasse der Przewalski-Pferden gelungen nicht mit Hauspferden gekreuzt worden zu sein, sodass bei diesen Tieren noch alle ursprünglichen Charakterzüge und -Gene vorhanden sind.
Die Pferde haben ihren ursprünglichen Lebensraum in der eurasischen Steppe und waren vor allem in der Mongolei und China weit verbreitet. Von je an hatten sie eine ganz besondere Bedeutung für die durch die Steppen ziehenden mongolischen Nomaden. Sie waren auf die Arbeitskraft der Pferde angewiesen und dankten ihnen dies mit einer ganz besonderen Namensgebung: „Takhi“ (mongolisches Wort für „heilig“).
Przewalski-Pferde haben einen besonderen Körperbau
Die Pferde weisen einen sehr besonderen Körperbau auf, der sich sichtbar von dem der Hauspferde unterscheidet. In der Größe bleiben sie relativ klein, sodass sie auch im ausgewachsenen Zustand eine Widerristhöhe von ca. 147 cm nicht überschreiten.
Ihre starken Knochen und der kurze aber dicke Hals lassen sie robust und kräftig wirken. Charakteristisch sind vor allem der Aalstrich und die einzigartigen Fellfärbungen, die häufig zwischen graugelb und rotbraun variieren. Das dunkle Schweif- und Mähnenhaar wie auch der massive Kopf machen das Bild eines robusten Wildpferdes komplett.
Ihr Lebensraum: Karge Steppen und Hochebenen
Zu ihrem Lebensraum, der sich in den kargen Steppen der Mongolei und Chinas wiederfindet, zählt auch die Dsungarei oder auch die Region des Tachin-Schara-Nuru. Beides sind karge Hochebenen, in denen Wasser knapp und Nahrung selten ist. Der Boden ist meist hart und mit Kiesel oder Steinen versehen, sodass robuste Hufe zu einem weiteren Merkmal der Przewalski-Pferde wurden.
Doch sind die knappen Nahrungsressourcen nicht alle Probleme, denen sich die Tiere stellen mussten. Das Gebiet unterliegt extremen Wetter- und Temperaturschwankungen, die einen Unterschied von bis zu 25 Grad aufweisen können. Geteilt haben die Pferde sich das Gebiet hierbei nicht nur mit Nomaden, sondern auch mit anderen robusten Mitstreitern wie beispielsweise dem Wolf, dem Mongolischen Halbesel und der Saiga-Antilope.
Anpassungsfähige Wildpferde
Zwar erscheinen all diese Bedingungen als hart, doch haben diese Wildpferde im Laufe der Jahrhunderte gelernt sich daran anzupassen. So konnten sie in Extremfällen beispielsweise bis zu vier Tage ohne Wasser auskommen. Kaum vorstellbar für unsere heutigen Wildpferde, sodass nicht nur hier der deutliche Unterschied zwischen wilden und domestizierten Pferden erkennbar wird.
Lebensweise der Przewalski-Pferde
Wie alle Pferde sind auch die Przewalskis Herdentiere, die stets in ihrem Clan leben. Hierbei handelt es sich entweder um Familienherden, die von einer Leitstute geleitet werden, oder um reine Hengstgruppen. Neben Leitstuten, welche die Herde stets zu Futter und Nahrungsstellen führt, hat jede Herde zudem einen Leithengst, der die Herde gegen Eindringlinge verteidigt und die Stuten decken darf. Junghengste werden nach der Geschlechtsreife aus ihrer Gruppe verjagt. Häufig findet sich so eine Gruppe von Junghengsten, die dann ihren eigenen Clan gründen und als neue Gruppe umherziehen.
Anders als vielleicht angenommen werden häufig aber auch junge Stuten aus ihrer Herde vertrieben. Diese haben damit die Option sich entweder einer anderen Herde anzuschließen oder mit einem anderen Junghengst eine neue zu gründen. In diesem Fall lässt Nachwuchs nicht lange auf sich warten. Die wilden Pferde werden hierbei durch ihren natürlichen Instinkt geleitet, sodass die Stuten ihre Fohlen hauptsächlich zwischen Ende April bis Ende Juli zur Welt bringen. In dieser Zeit des Jahres herrschen die günstigsten klimatischen Bedingungen mit dem reichsten Nahrungsangebot. Fohlen, die in dieser Zeit das Licht der Welt erblickten, hatten folglich deutlich größere Überlebungschancen als Winterfohlen.
Grundsätzlich lässt sich der Charakter der Wildpferde nicht nur als sehr robust, sondern auch aggressiv bezeichnen. In der freien Natur lebend weisen die Hengste einen deutlich höheren Beschützerinstinkt auf, als unsere Hauspferde. Andere Tiere, die eine Bedrohung aufweisen werden durch heftiges Treten und Beißen verjagt. Auch Stuten, die der Wildnis entnommen wurden, wiesen eine hohe Aggressivität auf: wiederholt griffen sie artfremde Jungtiere an, im schlimmsten Fall wurden diese hierbei sogar zu Tode gebissen. Ein Instinkt der brutal klingt, in der freien Wildbahn wohl jedoch von hoher Bedeutung für das Überleben sein kann.
Der Freiheit beraubt…
Frei lebende Wildpferde – kann es das in unserer heutigen Zeit überhaupt noch geben? Schwer vorstellbar, denn schließlich gibt es auf der gesamten Erde nur noch wenige Gebiete, in die der Mensch nicht mehr eingreift und die Natur ihrer selbst überlässt. Im Zuge der Erschließung unberührter Gebiete konnten so auch die Przewalski-Pferde ihren natürlichen Lebensraum auf Dauer nicht verteidigen. Im beginnenden 20. Jahrhundert drangen mongolische Hirten immer weiter in das Steppengebiet der Tiere ein.
Hierbei brachten diese ihr Vieh mit, welche das eh bereits knappe Nahrungsangebot für sich bestimmten. Die Pferde waren gezwungen sich immer weiter vor den Menschen zurückzuziehen. Das Nahrungsproblem spitzte sich hierbei zusätzlich durch zwei sehr kalte Winterperioden in den Jahren 1948 und 1956 zu. In diesen Wintern verloren jedoch auch viele Hirten ihr Vieh, sodass sie begannen ihr verloren gegangenes Viehfleisch im Pferd zu suchen. Die Pferde wurden von da an gejagt und durch die modernisierten Gewehre stieg hierbei auch die Erfolgsquote der Jäger. Den Pferden fehlten zunehmend die Rückzugsmöglichkeiten, sodass schließlich 1969 das letzte frei lebende Przewalski-Pferd gesichtet wurde.
Aber es gibt sie heute noch…
Obwohl 1969 das letzte Mal ein frei lebendes Przewalski-Pferd gesichtet wurde, sind sie bis heute nicht ausgestorben. Diesen Zustand verdanken wir unter anderem einem Trend, der sich um 1900 durchsetzte und in dem reiche und wohlhabende Großgrundbesitzer damit begannen seltene Tiere und Pflanzen zu sammeln. So war beispielsweise auch Friedrich von Falz-Fein ein solcher Privatsammler, der ein Gut beim Askia Nova Reservat besaß und die Wildpferde dort aufnahm. Anfang des 20. Jahrhunderts wurden die ersten Wildpferde eingefangen. Ihr Weg führte sie dann weiter an Privatsammler, Tierhändler oder Zoos. Die Fangweise war hierbei äußerst brutal: da es sich bei den gefangenen Tieren hauptsächlich um Fohlen handelte, wurden die Mutterstuten erschossen.
Hauspferde, denen ebenfalls ihren Fohlen entzogen wurden, sollten von da an als Ammen dienen. Dieser Plan ging jedoch zunächst nicht auf, da die Fohlen die Milch der Amme entweder verweigerten oder die Stutenmilch nicht vertrugen. Dennoch wurden im Zeitraum zwischen 1899 und 1904 insgesamt 54 Tiere eingefangen, von denen aber aufgrund der langen Transporte und der enormen Lebensumstellung nur 13 Pferde überlebten. Daher kann gesagt werden, dass die gesamte heutige Population der Przewalski-Pferde von diesen 13 Tieren abstammen. Damit auf Dauer eine Inzucht ausgeschlossen werden konnte, wurden die Wildpferde teilweise mit mongolischen Hauspferden gekreuzt. Die älteste Tradition der Przewalksi-Zucht ist hierbei in Prag zu finden, wo auch das internationale Zuchtbuch dieser Rasse geführt wird.
Wiederauswilderung der Przewalski-Pferde
Ähnlich wie bei den Mustangs oder den Brumbies wird auch bei den Przewalski-Pferden versucht sie wieder in ihren natürlichen Lebensraum zu integrieren. Seit 1990 gibt es daher drei verschiedene Projekte, welche es sich zur Aufgabe gemacht haben die Tiere wieder in die Freiheit zu führen. Im Schutzgebiet der Hustain Nuruu, welches im Zentrum der Mongolei liegt, wurden so im Zeitraum zwischen 1992-2000 insgesamt 84 Tiere ausgesetzt. Unter der Beaufsichtigung der beiden Institutionen MACNE (Mongolische Gesellschaft für den Erhalt von Natur und Umwelt) und FPPPH (Stiftung für Erhalt und Schutz der Przewalski-Pferde) werden die Tiere beaufsichtigt. So wird der Erhalt gewahrt und eine Kreuzung mit mongolischen Hauspferden wird vermieden. Die Landschaft dieses Gebietes bietet gute Lebensbedingungen für die Tiere, sodass die Anzahl der Tiere bereits im Jahr 2005 bei 200 Pferden lag.
Weitere Informationen zu dem Projekt finden Sie hier
Die Internationale Takhi Group leitet desweiteren ein Projekt zur Wiederauswilderung im Gebiet Gobi. Hierbei will die Group nicht nur den Pferden, sondern auch den ursprünglich dort ansässigen Nomaden eine Heimat zurück geben. Obwohl die Lebensbedingungen aufgrund knapper Nahrung und kalter Winter recht schwierig sind, lebten 2005 bereits 100 Przewalski-Pferde in dem Gebiet. Auch hier gibt es eine aufklärende Homepage, die hier zu finden ist.
Ein weiteres Projekt hat sich im größten Steppengebiet Mitteleuropas angesiedelt. In der ungarischen Hortobágy-Puszta untersuchen Mitglieder des Kölner Zoos das Essverhalten und die soziale Organisation der Wildpferde. Die hier erworbenen Erkenntnisse sollen dabei helfen, dass die Wiederauswilderung in den Gebieten der Mongolei und damit ihrer eigentlichen Heimat eine größere Erfolgschance hat.
Weiterhin wird alles versucht die Przewalksi-Pferde in ihre ursprüngliche Heimat wieder einzugliedern. Gelingt dies, hat die Welt ein wichtiges Gut natürlicher Schöpfung zurück erobert!
Videos:
Informationen in Englisch:
Bilder:
Bildnachweis: © joël BEHR / Fotolia.de © Antje Lindert-Rottke / Fotolia.de © drob / Fotolia.de
Schreibe einen Kommentar